Prävention

Präventionsprojekt in der Grundschule zum Thema „Sexuelle Gewalt“

Ein Präventionsprojekt umfasst drei Termine mit den Kindern à 1,5 Stunden innerhalb von zwei Wochen. Unserer Erfahrung nach eignet sich die 4. Klassenstufe am besten dafür.

Bevor das Projekt mit den Kindern durchgeführt wird, kann ein Elternabend angeboten werden. Aus unserer Sicht ist es auch besonders wichtig, eine Fortbildungsveranstaltung für die Fachkräfte durchzuführen.

Überblick über die einzelnen Termine:

  1. Treffen

Thema 1: Gefühle

  • welche Gefühle gibt es? Wie spüre ich sie im Körper?
  • warum und wofür sind Gefühle wichtig?
  • wie drücke ich Gefühle aus und wie erkenne ich, wie es anderen geht?
  • Gefühle pantomimisch vormachen und erraten
  • Gefühleskala (jedes Kind füllt eine Vorlage aus)
  • „Gefühlemaschine bauen“ (die Kinder suchen sich in Kleingruppen ein Gefühl aus und stellen dazu eine „Maschine“ dar mit Geräuschen und Bewegungen)

Thema 2: Gute und schlechte Geheimnisse

  • kurze Spielsequenzen (vorbereitete Rollenspielszenen) zur Einstimmung und Gespräch
  1. Treffen

Thema: Grenzen setzen und Hilfe holen

angenehme / unangenehme Berührungen (Arbeitsblatt)

  • eine „übergriffige“ Szene wird von den Kindern in Kleingruppen überlegt und dann dargestellt
  • „Nein- Sagen“ üben
  • „Stopp – Schilder“ bauen
  • Hilfe holen: an wen kann ich mich wenden; „Spickzettel“ mit wichtigen Telefonnummern dazu herstellen
  • WICHTIG: das „innere Stopp“ merken – dies artikulieren können

Je nachdem, was die Kinder zu diesem Thema schon bearbeitet haben, können die Inhalte entsprechend verändert oder ergänzt werden; dies kann im Vorfeld mit der Lehrkraft besprochen werden.

Fragen:

Wieso ist es sinnvoll, über Gefühle zu sprechen? Warum sollte das Missbrauch verhindern?

Sexuelle Gewalt geht immer mit einer massiven Verwirrung/ Verunsicherung der Gefühle der Kinder einher. Jemand, der vorher nett und freundlich war, fängt plötzlich an, etwas zu tun, was komisch ist, weh tut, „anders“ ist. Missbrauch beginnt mit einer Art Probehandeln des Täters: wie reagiert das Kind, wenn ich es unter dem T-Shirt berühre? Wehrt es sich oder lässt es die Berührung geschehen? Erst dann steigern sich die Handlungen.

Die Verwirrung der Gefühle wird aufrecht erhalten und verstärkt.

Wenn Kinder darauf vorbereitet sind, dass es „komische“ Gefühle gibt, die nicht so richtig einzuordnen sind und wissen, dass man dies weitererzählen darf und soll – dann kann in diesem frühen Stadium evtl. weiteres verhindert werden.

Warum ist ein Elternabend wichtig? Reicht es nicht, wenn die Kinder auf das Thema gut vorbereitet sind?

Kinder vertrauen sich am ehesten Erwachsenen an, von denen sie hoffen, dass sie ihnen glauben, dass sie nicht sofort in Panik ausbrechen oder es selbst so peinlich finden, dass er/sie erst gar nichts davon hören will. Wenn man sich als Erwachsener mit dem Thema „Sexuelle Gewalt“ auseinandersetzt, verliert man die (völlig verständliche!) Scheu und Abwehr davor. Kinder spüren sehr genau, wem sie etwas erzählen können – und das ist eher ein Gegenüber, das sich auskennt und weiß, wie man (erst einmal behutsam) reagieren kann.

Ist es denn nicht besser, wenn die Kinder lernen, sich selbst zu verteidigen?

Auch heute noch werden immer wieder Bücher veröffentlicht, die vor dem „Fremden“ warnen, mit dem das Kind nicht „mitgehen“ soll oder Kurse angeboten, in denen Kinder eine Art Selbstverteidigung lernen, um sich gegen diese Fremden zu wehren. Hier wird Eltern ein falsches Bild von der realen Situation vermittelt: sexuelle Gewalt findet in 80 bis 90 % der Fälle im sozialen Nahraum der Kinder statt. Diese Personen, die dann zu Tätern werden, sind für die Kinder keine Fremden! Sie üben völlig andere Strategien aus, als ein Kind „in ein Auto zu zerren“.

Erwachsene sollten über diese Täterstrategien informiert sein, um ihre Kinder wirkungsvoll schützen zu können.

Warum soll man denn schon in der Grundschule mit dem Thema anfangen, die Kinder sind doch noch so jung?

Bei über der Hälfte aller Missbrauchsfälle liegt der Beginn der Übergriffe im Grundschulalter.

Präventionsprojekt im Kindergarten ,, Täter suchen brave Kinder?“

Ein Projekt im Kindergarten umfasst drei Termine. Wir führen es mit den 5-6 -jährigen Kindern durch, die bald in die Schule kommen. Die Dauer richtet sich nach der Aufmerksamkeitsspanne der Kinder, ca. ½ bis eine ¾ Stunde pro Treffen.

Kinder in diesem Alter können sich nicht selbst schützen! Deshalb ist es notwendig und sinnvoll, einen Elternabend und ein Weiterbildungsangebot für die Mitarbeiterinnen zu veranstalten.

Inhaltliche Gestaltung der Arbeit mit den Kindern

1. Treffen

Ziele: Kennen lernen, Gefühle benennen lernen und aufmerksamer werden dafür, wie es mir und anderen geht

  • Vorstellungsrunde: ,, Ich heiße …. und mag gern/mag überhaupt nicht …..´´
  • Thema Gefühle anhand der Dino- Bilder besprechen: welche Gefühle gibt es?, welche Gefühle sind angenehm / unangenehm?, haben sich die Kinder auch schon so gefühlt?
  • körperlicher Ausdruck von Gefühlen (Mimik/Gestik): im Kreis ein Gefühl vormachen, alle anderen machen es nach
  • kleine Bühne: zu zweit (eine Leiterin und ein Kind) wird ein Gefühl dargestellt, das das Kind ausgesucht hat; die anderen erraten, um welches Gefühl es sich handelt
  • ein Gefühlebild malen: wie male ich, wenn ich wütend (fröhlich/traurig..) bin ?
  • Abschluss: Schnecken – Lied

2. Treffen

Ziele: Vertiefung des Themas ,,Gefühle´´, Differenzierung von Berührungen in angenehme und unangenehme; Grenzen: sich verbal abgrenzen lernen (,,nein“, ,,Stopp“, ,,ich will nicht“ , ,,lass das“)

  • kurze Runde zur Wiederholung: Gefühle noch einmal benennen und darstellen lassen
  • Szene mit den Handpuppen Schnecke und Gorilla: die Schnecke kämmt dem Gorilla das Fell zu fest, dieser wehrt sich und zeigt, wie er es lieber mag
  • Gesprächsthema: angenehme und unangenehme Berührungen
  • Pizza-Massage zu zweit mit der Aufgabe, dem /der anderen genau zu sagen, wie man gern berührt werden möchte und wie nicht
  • Abgrenzungen: Markierung einer Grenze mit einem Seil. Auf jeder Seite steht eine Gruppe. Eine Gruppe versucht, die Grenzen zu übertreten, die andere wehrt sich mit ,,Nein´´.
  • Markierungen einer ,,Burg´´(Kreis) mit einem Seil. Ein Kind stellt sich in den Kreis, ein anderes versucht hineinzukommen und wird durch ein ,, Nein“ abgewehrt
  • Abschlusslied zur Entspannung (Schneckenlied)

3. Treffen

Ziele: Differenzierung von ,,guten´´ und ,,schlechten´´ Geheimnissen, Hilfe holen

  • Gesprächsrunde über Geheimnisse; und Beschreibung und Unterscheidung der Gefühle bei guten und schlechten Geheimnissen
  • Vorspielen eines kleinen Theaterstücks mit den Handpuppen: Max Schnecke, Gabi Gorilla, Onkel Robert, Zauberer: Onkel Robert kommt zu Besuch und bringt ein Geschenk für Max mit. Dafür möchte er einen Kuss haben, was Max nicht mag. Aber auch, als Max zu Onkel Robert sagt, dass er keinen Küsse von ihm haben will, hört Onkel Robert nicht auf , ihn zu bedrängen. Max versucht es mit einem sehr lauten ,,Nein!´´, aber Onkel Robert lässt sich nicht beirren. Im Gegenteil: er küsst Max und will auch noch, dass Max dies niemandem erzählt. Was soll Max jetzt tun? Er weiß etwas: Er erzählt das alles erst mal seiner Freundin Gaby.Gemeinsam gehen sie dann zu dem Zauberer, um ihm zu berichten, was geschehen ist. Der Zauberer nimmt sich Onkel Robert vor und sagt ihm sehr deutlich, dass er Max nicht küssen darf, wenn er es nicht will! Und er ermutigt Max und Gaby, immer alles zu erzählen, was ihnen komisch vorkommt oder Bauweh macht, denn ,,schlechte´´ Geheimnissedarf man weitererzählen.
  • Abschlussrunde und Entspannungslied (Schneckenlied)